dimecres, 1 d’abril del 2009

Die kalte Tränen des Kaisers

"Der Kaiser mühte sich, den Sinn ihrer Gebärde in seinem Inneren aufleuchten zu lassen, aber es waren nur trübe unklare Empfindungen in ihm, von denen die andere verdrängte. Seine ganze Aufmerksamkeit war gespannt von dem Wissen, dass jener Andere dort hochaufgerichtet und mit langsamen, gleichsam strengen Schritten auf ihn zukam; an den dumpfen Schlägen seines Herzens gemessen, erschien es ihm unerträglich lange, bis dieser den Kurzen Weg zu ihm zurückgelegt hatte. Jetzt aber fühlte er ihn, ohne aufzusehen, dicht neben sich: es war eine Kühle, die ihn aus nächster Nähe von den Schläfen bis zu den Zehen anwehte. Durch die Wimpern blinzelnd, sah er: das Wesen hatte, in die leere Luft fassend, jetzt ein weisses Linnen in Händen und trocknete ihn damit in einer ehrerbietigen Haltung die Hände ab. Aber die wehende Berührung dieses Linnens kräuselte ihm das Fleisch.
-O Kaiser, sagte jetzt die Stimme so dicht an seiner Wange, dass er kalten Hauch fühlte und vor Beleidigung über eine Unehrerbietigkeit, wie sie ihm nie im Leben wiederfahren war, erziterte, -bedauerst du nicht, dass wir für Sie gedeckt haben?
-Nichts kam der Gewalt des Vorwurfes gleich, den diese einfachen Worte enthielten. Sein Herz krampfte sich zusammen, kalte Tränen liefen ihm hinunter, sie erstarrten ihm an den Wangen."

Hugo von Hofmannsthal, Die Frau ohne Schatten.


Translation into English by myself:
("The Emperor tried to light up the meaning of his feelings, but there were only turbid and uncertain findings. His attention was disturbed by the fact that everybody in the room was moving towards him with the same, slow and sure steps; the blows of his heart were unbearably long until one of them walked the short way to him. He perceived him very close without seeing him: it was a coldness that was blewing his entire soul. He saw him through the lashes of light: that entity was holding in the empty air a white linen that used to dry the hands of the emperor with a respectful movement. But the contact of the linen crimped his flesh.
-Oh, Emperor- said the voice so close to him that it made his skin cold, trembling in front of an offense and an irreverence that he never confronted in his entire life -don't you regret that we covered you?
Nothing could match the violence of the blame that meant that simple words. His heart collapsed, cold teardrops felt and freezed him on his cheeks.")