dimarts, 17 de març del 2009

Haft eines Handlungsreisenden

Ulrich Reichert hat keinen Spiegel. Er würde gern sein Gesicht sehen. Reichert hatte noch nie eine Glatze. Er hatte sich entschlossen, mit den Zellengenossen zum Anstaltsfriseur zu gehen: »Im Gänsemarsch zum Kahlschlag.« Er, der Ausländer, müsse nicht gehen, hatten sie gesagt, und die Aufseher hatten zugestimmt. Doch er wollte Teil der Gruppe bleiben, als einziger Fremder nicht noch mehr auffallen. Er teilt sich eine Zelle mit 17 Insassen. Mit Menschen, die seine Sprache nicht sprechen. Immerhin respektieren sie den Weißen, vor allem, nachdem sie erfahren haben, dass Reichert Managing Director der Niederlassung eines deutschen Baumaschinenherstellers ist. [..]
Zelle 315, das neue Zuhause: 40 Quadratmeter für 18 Gefangene

[...]

Als Reichert in die Zelle zurückkehrt, entdeckt er bei einem Blick in einen Nachbarhof einen Stuhl, auf dem ein Häftling festgeschnallt sitzt. Er fragt den Singapurer, was es damit auf sich hat. »Das ist der Strafstuhl«, erklärt der ihm. »Wenn sich Häftlinge prügeln oder sich nicht benehmen, werden sie an den Händen und den Füßen am Strafstuhl festgebunden.« Sie werden weder zum Essen noch zum Toilettengang losgebunden, sondern müssen alles auf dem Stuhl verrichten. Sie werden von ihren Zellengenossen gefüttert und gewaschen. »Wie lange muss man da sitzen?«, will Reichert wissen. »14 Tage«, antwortet der Singapurer.

[...]

Reichert kommt gegen eine Kaution von 100.000 Euro frei."

Frank Sieren, Haft eines Handlungsreisenden. Die Zeit.

(Translation into English: "Ulrich Reichert doesn't have a mirror. He would like to see his face. He never went bald. He decided to go to the jail's hair dresser with his cell mates. "In indian file to the clear-felled land". They told him that he was the foreigner and shouldn't go this way, and the wardens agreed. But he wanted to be part of the group and not to stay apart as the only one foreigner. He shared the cell with 17 other prisoners. With persons that didn't understand his language. They always respected the white man, specially when they discovered that Reichert was general manager of a [China] subsidiary of a german construction machinery maker. [...] Cell number 315, the new house: 40 square meters for 18 inmates. [...] When Reichert came back to his cell, he discovered that in a neighboring yard there was a prisoner strapped down on a chair. Reichert asked the singaporean what was going on with that chair. "This a punishment chair. When inmates don't behave properly, they are strapped on the chair.They aren't allowed to go to eat or go to the toilet, all must be done on the chair. They are fed and washed by their cell mates". Reichert wanted to know for how long should they sit there. "14 days", answered the singaporean."